Woche der Wahrheit für die deutschen Beachvolleyballerinnen


Am morgigen Mittwoch (16. August) startet in Hamburg ein Turnier der höchsten Kategorie der Beachvolleyball-Weltserie, genannt Elite 16. Für die deutschen Teams ist es nicht nur das Heimturnier, sondern womöglich schon jetzt die letzte Chance auf die Olympischen Spiele im kommenden Jahr.

Dass die Degradierung aller Turniere der Weltserie zu Qualifikationsturnieren für die Olympischen Spiele der Sportart massiv schadet, habe ich an dieser Stelle vor einiger Zeit ausgeführt. Da dies selbstverständlich aber weiterhin der Fall ist, bleibt der einzig sinnvolle Blick auf das Turnier, der durch die Brille der Olympia-Qualifikation.

Dass das Turnier für die deutschen Teams nun so entscheidend ist, liegt an den Qualifikationsvorgaben. 12 Turnierergebnisse müssen eingebracht werden, die besten 17 Teams qualifizieren sich. Dazu gesellen sich die Weltmeister, die Ausrichter Wildcard und fünf Spots über die kontinentalen Ausscheide im nächsten Jahr. Natürlich maximal zwei Teams pro Nation.

Ein Blick in das Provisional Olympic Ranking verrät, dass die meisten Teams aktuell 7-11 Turnierergebnisse vorweisen können. Genug Zeit also, noch ein paar Ergebnisse bis zum Start in Paris zu sammeln. Und hier kommt die eigentliche Hürde für die Teams.

Entry Ranking als eigentliche Hürde

Das sogenannte Entry Ranking legt fest, welche Teams bei den kommenden Turnieren antreten dürfen und teilt diese in Hauptfeld und Qualifikation ein. Zur Berechnung dieser Rangliste werden die besten drei Ergebnisse aus den zuletzt gespielten vier Turnieren herangezogen. Kurz gesagt: Die größte Schwierigkeit liegt darin, für ein Turnier zugelassen zu werden. Und dort ist praktisch kein Ausrutscher erlaubt.

Aus deutscher Sicht verrät ein Blick auf das bisher letzte Turnier in Montreal, dass dort zwar 9 Teams gemeldet waren (6 Männer, 3 Frauen), jedoch nur je 1 Team pro Geschlecht teilnehmen durfte. Im Feld der Frauen reichte dieser Startplatz sogar nur zu einer Teilnahme an der Qualifikation.

Nun also Hamburg. Und während auch dort das Hauen und Stechen um die Startplätze wieder groß war, durften sich die deutschen Teams freuen. Als ausrichtende Nation erhält der Gastgeber sowohl fixe Startplätze, als auch die Aussicht auf weitere WildCards. Darüber hinaus erfreuen sich die heimischen Teams einer besseren Setzung und so einem vermeintlich leichteren Turnierverlauf. Der Hintergrund ist klar: Mehr lokale Teams, auch zum Ende des Turniers, versprechen mehr Zuschauer, mehr Medienberichte und bessere Vermarktung.

Für die deutschen Teams könnte das Turnier zu keinem besseren Zeitpunkt stattfinden. Zu weit sind die meisten Teams aktuell von der Weltspitze und damit von der Zulassung zu Turnieren der Top-Kategorie entfernt.

Höchste Zeit also, beim Heimturnier kräftig zu punkten. Denn schon in der Folgewoche steht die Zulassung zum nächsten Elite 16 - Turnier in Paris an. Im Jahr 2023 folgen dann lediglich noch zwei weitere Turniere: Dubai und (sofern es stattfindet) Australien.

Das Männerfeld

Die Männer sind schnell abgehandelt. Nils Ehlers und Clemens Wickler bilden aktuell das einzige Männerteam mit internationalem Niveau. Platz 8 der Weltrangliste, 7 von 12 Ergebnissen sind bereits gesammelt. Im Entry Ranking rangiert das Team dennoch “nur” auf Platz 11. Platz 12 berechtigt noch zur Teilnahme am Hauptfeld in Paris. Aus diesem Entry Ranking fällt nun der 5. Platz aus Uberlandia (Brasilien) heraus. Eine Top5-Platzierung sollte es also schon auch in Hamburg werden. Das muss der Anspruch sein, auch wenn man immerhin die Europameister Åhman / Hellvig in der Gruppe hat.

Dazu gehen in Hamburg die Teams Henning / Winter (Hauptfeld) und Huster / Pfretzschner (Qualifikation) durch Wild Cards an den Start. Beide Teams ohne Chancen auf Paris.

Das Frauenfeld

Wesentlich mehr Spannung verspricht das Frauenfeld. Fünf Teams sind dabei, zwei davon direkt im Hauptfeld gesetzt. Und vier dieser Teams haben die Olympischen Spiele als Ziel ausgegeben. Und dennoch gibt es aktuell mit Müller / Tillmann nur ein gesetztes Team.

Um künftig bei Elite16 starten zu dürfen, benötigen die Teams - ein ähnliches Niveau wie bei den vergangenen Turnieren vorausgesetzt - ca. 1400 Entry Points für die Qualifikation, für das Hauptfeld sollten es 2200 Punkte sein. (auch wenn in Hamburg nach diversen Absagen auch 2100 Punkte gereicht haben)

Die deutschen Duos im Überblick

Svenja Müller / Cinja Tillmann (Hauptfeld | 2420 Punkte | 6/12 Olympia-Ergebnisse)

Das mit Abstand punktbeste deutsche Team. Dank “Heimsetzung” direkt auf Platz 4 im Hauptfeld gesetzt. Mit Platz 17 in Montreal und Platz 9 bei der Europameisterschaft hat das Team allerdings zwei schlechte Ergebnisse im Gepäck. Hamburg “ersetzt” nun aller Voraussicht nach den 5. Platz aus Tepic. 1660 Punkte bleiben sicher, für weitere Hauptfeld sollte es also mindestens ein 9. Platz werden. Eine machbare Aufgabe und mit Sicherheit auch die Erwartungshaltung aller Beteiligten.

Sandra Ittlinger / Karla Borger (Hauptfeld | 1360 Punkte | 8/12 Olympia-Ergebnisse)

Dank Wild Card geht es direkt ins Hauptfeld. Im Ausland hätten die Punkte nicht einmal für die Teilnahme an der Qualifikation gereicht. Die Ansprüche des Teams sind definitiv höher als die derzeit gezeigten Leistungen. Nach einem guten Saisonbeginn folgten enttäuschende Ergebnisse in Brasilien, Kanada und Österreich und damit der Absturz in der Zulassungswertung. Die gute Nachricht: Es ist viel Luft nach oben, denn das Turnier in Hamburg wird den 19. Platz (300 Punkte) aus Saquarema ersetzen. Ein 17. Platz sollte bereits für weitere Qualifikations-Teilnahmen reichen. Für den direkten Hauptfeldeinzug wäre mindestens ein Treppchenplatz nötig.

Laura Ludwig / Louisa Lippmann (Qualifikation | 1780 Punkte | 5/12 Olympia-Ergebnisse)

Spät und mit wenigen Punkten eingestiegen, leidet dieses Team am meisten unter den fehlenden Turnierteilnahmen. Ludwig nach 2. Schwangerschaft und Lippmann neu im Sand, startete das Team praktisch bei Null und konnte bisher zwar deutliche Fortschritte machen, sich aber noch nicht in den Top-Turnieren festspielen. Zumindest bis zur vergangenen Woche, als das Team etwas überraschend Bronze bei den Europameisterschaften in Wien gewinnen konnte. Mit diesem Ergebnis und dem vorangegangenen 5. Platz in Edmonton (2. Kategorie) ist das Team sogar an Ittlinger / Borger vorbeigezogen. 460 Punkte aus Saquarema (9. Platz) verfallen, die Fallhöhe ist Dank offener 360 Punkte aus Jurmala jedoch gering. Mit einem Hauptfeldeinzug in Hamburg ist das Team wohl auch in Paris wieder am Start. Für die direkte Hauptfeldqualifikation dort wäre schon mindestens Platz 5 nötig. Das ist sehr unwahrscheinlich, aber Olympiasiegerin Laura Ludwig ist in ihrer Heimatstadt alles zuzutrauen. Hamburg ist für das Team vor allem deshalb entscheidend, da noch sieben Turnierergebnisse gesammelt werden müssen. Viele Gelegenheiten darf das Team nicht mehr auslassen..

Körtzinger / Kunst (Qualifikation | 1420 Punkte) und Sude / Schneider (Qualifikation | 780 Punkte) spielen in der Verlosung für die Olympischen Spiele keine Rolle mehr. Gerade die letztgenannten sind mit ganz anderen Zielen in die Saison gestartet, blieben aber weit hinter ihren Erwartungen zurück.

Während das einzige deutsche Männerteam Paris fest im Blick hat, könnte sich bei den Frauen schon ein Jahr vor Veranstaltungsbeginn das Feld lichten. Oder um es positiv zu formulieren: Ein richtig starkes Ergebnis beim Heimturnier und schon ist die Tür nach Paris ein ganzes Stück weiter offen. Die Daumen sind selbstverständlich allen Teams gedrückt.

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